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Warum werden „alte Bücher“ noch in der Schule gelesen?

Alte Schulbücher
Alte Schulbücher © moritz320 - Pixabay

Sehr alte Klassiker der Literatur bestimmen bis heute den Deutschunterricht an Schulen. Doch warum sind die Klassiker so dominant und welche Alternativen gibt es?

Wenn man sich mit Freunden und Kollegen über die Schulzeit unterhält und auf den Deutschunterricht und die dort gelesen Bücher zu sprechen kommt, fällt eins auf. Egal, zu welchem Zeitpunkt man die Schule besucht hat, unabhängig vom Ort und der Schulform, fast jeder hat in seiner Schulzeit die gleichen alten Klassiker im Deutschunterricht gelesen. Schiller, Kafka, Fontane und Goethe, fast jeder ist mit diesen Autoren in der Schulzeit in Berührung gekommen und auch noch heute sind sie regelmäßig im Lehrplan zu finden.

Gerade die jungen Schülerinnen und Schüler fragen sich, warum seit Generationen immer die gleichen Klassiker der deutschen Literatur gelesen werden, wo die mögliche Auswahl an aktuellerer und gesellschaftlicher relevanterer Literatur, die näher an der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler ist groß wäre.

Lehrkräfte entscheiden über die Literatur

Bildung ist die Zuständigkeit der Länder, deshalb gibt es in Deutschland auch keine einheitliche und bindende Liste mit Büchern, welche in den Schulen eingesetzt wird. Jede Lehrkraft kann selbstständig entscheiden, welches Buch in Unterricht gelesen werden soll. Einige Bundesländer geben allerdings Listen mit Empfehlungen heraus, an welchen sich Lehrkräfte orientieren sowie Inspiration für den Unterricht finden können.

Eine Ausnahme gibt es allerdings, so werden in einigen Bundesländern Vorgaben gemacht, die als Pflichtlektüre für das Zentralabitur gelten. Wenn man sich die entsprechenden Listen der Literatur anschaut, welche für das Abitur als Pflicht gelten, so fällt auch hier auf, dass die „alten Klassiker“ diese Listen der Bundesländer bestimmen.

Wie wird ein Buch zur Schullektüre?

Wie bereits beschrieben, bestimmt die einzelne Lehrkraft am Ende, welches Buch im Unterricht behandelt wird. Jedoch geben die Bundesländer in ihren Bildungsplänen einige Merkmale und Attribute vor, die Schulliteratur erfüllen sollten. Die Relevanz eines Buches für die jeweilige Epoche oder das Genre sind hier zum Beispiel Punkte, die eine Schullektüre erfüllen könnte. Zudem sollte sich der Inhalt des Buches mit Themen befassen, welche für die Schülerinnen und Schüler relevant sind. Die Bandbreite kann dabei reichen von persönlichen Themen wie Liebe, Familie oder dem Tod sowie die Behandlung von gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen.

In Zusammenarbeit von Lehrkräften und wissenschaftlichem Personal erarbeiten die Bundesländer anhand dieser und weiterer Vorgaben dann die Empfehlungen für die Lehrkräfte und die Pflichtlektüren. Das Institut für Qualitätssicherung im Bildungswesen (IQB) unterstützt sie dabei. Als Ziel für das Abitur im Fach Deutsch im Hinblick auf die Literatur formuliert die Kultusministerkonferenz das die Schülerinnen und Schüler: „ […] über ein literaturgeschichtliches und poetologisches Überblickswissen [verfügen], das Werke aller Gattungen umfasst, und stellen Zusammenhänge zwischen literarischer Tradition und Gegenwartsliteratur auch unter interkulturellen Gesichtspunkten her.“

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Fehlende Diversität in der Literatur?

Ein banaler und praktischer Grund, warum die immer gleichen alten Klassiker der Literatur im Unterricht gelesen werden ist, dass Lehrkräfte auf bewährtes und ausgearbeitetes Material zurückgreifen können. Der Lehrermangel in Deutschland hat das individuelle Arbeitspensum von Lehrkräften steigen lassen, weshalb oftmals Zeit an entscheidenden Stellen fehlt, um sich mit neuem Material umfassend zu befassen.

Viele Schülerinnen und Schüler beklagen bei den klassischen Büchern zudem, dass der Schreibstil und die Sprache nur schwer zu verstehen sei, weshalb ihnen unabhängig vom Inhalt die Lust am Lesen vergeht. Aber auch der Inhalt der Bücher spiegelt oft kaum noch das Leben der jungen Menschen von heute wider, weshalb ihnen die Identifikation mit der Handlung nicht gelingt.        
Eine systemische Kritik ist die fehlende Diversität in der Liste der Literaturklassiker. Die Listen werden von weißen Männern dominiert, welche oftmals aus Europa stammen. Insbesondere Frauen und People of Colour sind unterrepräsentiert, weshalb fehlende Pluralität bemängelt wird.

Mehr Vielfalt mit der Zeit

Klassische Literatur sollte auf keinen Fall vernachlässigt werden, ihre literaturgeschichtliche Relevanz darf nicht unterschätzt werden. Zudem trägen sie zur Allgemeinbildung bei und führt die Schülerinnen und Schüler an Werke heran, die sie so wahrscheinlich nicht selber gelesen hätten. Doch es könnte an der Zeit sein, den Kanon der klassischen Schullektüren mit mehr zeitgenössischer Literatur zu vervollständigen. Gerade in Zeiten, in denen die Lesekompetenz ein zunehmendes Problem in der deutschen Bildung wird, wie die aktuelle Iglu-Studie gezeigt hat, könnte eine angepasste Auswahl von Büchern dem Lesefrust der Schülerinnen und Schülern begegnen. Eine ausgewogene Mischung aus klassischer Literatur und aktuelleren Werken könnte so für den Anfang sich als einen guten Mittelweg darstellen.

Was ist deine Meinung, sollte mehr zeitgenössische Literatur im Unterricht gelesen werden? Wenn ja welche? Oder sollten doch die bewährten Klassiker im Unterricht weiter behandelt werden? Schreibe uns deine Meinung an: info@lehrerinsel.de

Viele Grüße
Deine Lehrerinsel-Redaktion

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