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Leonce und Lena – Ein Hörbuch im Unterricht nutzen

Leonce und Lena
Leonce und Lena © Cornelia Schlemmer

Das trotz seines knappen Umfangs vielschichtige Werk des viel zu früh verstorbenen Georg Büchners bietet sich für eine ebenso vielschichtige Analyse von „Leonce und Lena“ an. Neben der Betrachtung der Themen des Gesamtstücks und der Charakterisierung der Figuren, ist auch die Analyse einer Hörfassung denkbar. Wir „hören“ mit diesem Beitrag in das Stück hinein und geben Anregungen für die Verwendung eines Hörbuchs im Deutschunterricht.

Leonce und Lena - Ein schizophrenes Werk?

„Leonce und Lena“ mutet zunächst als leichte Liebeskomödie an, die aber nach und nach offenbart, dass es so einfach nicht ist, sie mit einem Lächeln abzutun. Auf gerade einmal knapp 40 Seiten offenbaren sich bei näherer Betrachtung Aspekte, die man immer schwieriger greifen kann, sicher geglaubte Interpretationen, die sich wieder in andere Richtungen entwickeln. Zunächst meint man, eine einer Daily Soap gleichende Liebeskomödie, ein Lustspiel zu erkennen. Dann sind klare Züge einer politischen Satire auszumachen, die mit ironischen Nadelstichen die Zustände in Gesellschaft und Politik anklagt. Und wieder wechselt die Sichtweise nach weitergehender Betrachtung, wenn man den Wortwitz, das z.T. völlig überzeichnete Figureninventar – ein zur Lächerlichkeit preisgegebener König Peter – und den sarkastischen Unterton berücksichtigt. Dann meint der Leser nun doch ein Drama zu erkennen, denn die finale Hochzeit von Leonce und Lena widerspricht schließlich ihrer jeweiligen Gesinnung, da sie ja genau davor fliehen wollten. Und Leonce „muss“ gegen seinen Willen das „Amt“ des Königs antreten.

Die unterschiedlichen Deutungsmöglichkeiten durchziehen auch die Sekundärliteratur, weshalb man besonders im Umgang im Unterricht die große Schere bei der Interpretation, der Positionierung wie auch der Perspektivübernahme zulassen muss. Gerade die Schülerinnen und Schüler „erlesen“ sich oft völlig differente Sichtweisen, denen man als Lehrkraft unbedingt offen und weniger analysierend oder bewertend gegenübertreten muss.

Entdecke die Ausgabe
Georg Büchner: "Leonce und Lena"

Deutsch betrifft uns Ausgabe 5/2023

1. Teil: Inhaltlicher Zugang und die Figuren
2. Teil: Auditive Medien – Eine Hörfassung von Leonce und Lena analysieren
3. Teil: Komödie, Drama, Satire – oder alles ein bisschen?

Literarisches Lernen auch durch Hören

Kaspar Spinner postulierte in seinen 11 Aspekten literarischen Lernens genau diese Grundlagen: „Subjektive Involviertheit und genaue Wahrnehmung miteinander ins Spiel bringen“ sowie „Perspektiven literarischer Figuren nachvollziehen“. Unterricht muss sich dabei außerdem „auf die Unabschließbarkeit des Sinnbildungsprozesses einlassen“.
In einer Konkretisierung aus dem Jahr 2007 ergänzt Spinner noch, dass Literarisches Lernen auch das Hören mit einschließt. Das auditive Wahrnehmen muss in Zeiten von immer stärkerer Digitalisierung der Kommunikation in der Schule entsprechend auch Bestandteil von literarischem Verstehen und Verstehensprozessen sein. Das bietet sich entsprechend als ein Schwerpunkt an. So sollte die begriffliche wie inhaltliche Unterscheidung von Hörbuch und Hörspiel bewusst eingesetzt werden sowie die Ausdeutung von „literarischem Hören“ und „literarisch hören“ an einem selbst erstellten Hörtext von Leonce und Lena vorgenommen werden.

Durch die klare Beschreibung der eigenen Hörwahrnehmung entstehen so zusätzliche Interpretationsansätze für die Schülerinnen und Schüler, die sich außerdem eigener Hörvorlieben bewusst werden. Dass die literarästhetischen Gestaltungsmittel dabei individuell beobachtet werden müssen, erklärt sich von selbst, die Lehrkraft muss aber vorab sehr wohl anleiten, welche Teilaspekte beobachtet werden können.

Hörbuch oder Hörspiel?

Vor allem aber die auditive Wahrnehmung und damit verbunden das bewusste Einlassen auf Sprachmelodik, Modulation, Tempo und Ausdruck helfen den Schülerinnen und Schülern, die immer stärker ins Abseits gedrängte verbale Kommunikation verstehen, interpretieren und analysieren zu können.

Wenn es um Literatur geht, nennen viele als typische Genres im auditiven Medium spontan „Hörbuch“ (gemeint ist damit aber „Lesung“) und „Hörspiel“. Für den Literaturunterricht kommen beide Formen infrage.

Hörbücher

  • Sie sind im Kern nichts anderes als vorgelesene und auf einem Speichermedium festgehaltene Hörversionen von literarischen Texten.
  • Ihr besonderer Reiz ist, wenn der Autor selbst das Buch vorliest.
  • Der zugrunde liegende Text der Hörbücher wird meistens ungekürzt gelesen.

Hörspiele

  • Hörspiele sind meistens bearbeitete Versionen von zugrunde liegenden Texten.
  • Hörspiele markieren zunächst eine eigenständige literarische Ausdrucksform.
  • Hörspiele sind alle speziell auf das Hören ausgerichtete Texte. Diese kennzeichnet, dass sie möglicherweise spezieller Bearbeitungen unterzogen werden (z.B. Kürzung, Dialogisierung, mehrere Sprecher, Unterlegung mit Musik, Geräuschen, etc.).

Hörtexte

  • Hörtexte sind in der Regel Mischformen, die den geschriebenen Text wiedergeben, aber auch unterschiedliche Sprecher haben.
  • Hörtexte können szenische Untermalung haben (z.B. Musik, Jingle, Geräusche usw.).
  • Die Hörtexte sind gegenüber der Printfassung unverändert.

Leitfrage/Arbeitsauftrag für Deine Schüler:
Erklären Sie die Unterscheidung der auditiven Literaturmedien und nennen Sie zu jedem ein Ihnen bekanntes Beispiel.

LibriVox nutzen – Leonce und Lena als Hörfassung

Auf der Internetseite librivox.org findest du eine komplette Hörbuchfassung des Stücks. Für die Analyse dieser Hörfassung sind die drei Akte je einzeln als public domain zum Gratisdownload freigegeben. Hier noch ein Arbeitsauftrag aus der Ausgabe „Leonce und Lena“ von Deutsch betrifft uns.

Leitfrage/Arbeitsauftrag für Deine Schüler:
Hören Sie sich zunächst den ersten Akt der Hörfassung an und beobachten Sie dabei, ob durch die Stimmen und Betonungen Veränderungen in der Textwahrnehmung gegenüber Ihrer eigenen Leseerfahrung auffallen. Diskutieren Sie Ihre Eindrücke.

In weiteren Arbeitsaufträgen kannst Du abfragen, ob „die Stimmen“ für die Hauptpersonen jeweils eine gute Besetzung sind und die weiteren Akte des Stückes ebenfalls anhören lassen. Entsprechende Arbeitsblätter und Unterrichtsanregungen findest in der Ausgabe „Leonce und Lena“ auf Seite 8.

Viele Grüße
Deine Lehrerinsel-Redaktion

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