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Der Framing-Effekt: Ein Thema für den Lehrplan?

Der Framing-Effekt
Framing | ©pixabay - Pexels

Der Begriff Framing wird schon längst nicht mehr nur im wissenschaftlichen Kontext verwendet. Das, was er beschreibt, ist ein altbekanntes Phänomen: Menschen denken und sprechen in Frames – jeden Tag. Ein Überblick, wie Einstellungen unsere Denk- und Handlungsweisen einrahmen und lenken.  

Framing einfach erklärt

Die Rahmung macht’s – so lässt sich Framing (engl. für Einrahmung, Rahmen) vermutlich am einfachsten zusammenfassen. Analog zur Fotografie oder Malerei bewirkt ein bestimmter sprachlicher Rahmen eine Deutung der abgebildeten Realität. Die Rahmung wertet und lenkt dabei. Das Bild als Einzelnes verschwindet und wird neu, anderswertig in Szene gesetzt. „Das Wichtigste in der Kunst ist der Rahmen“, soll der amerikanische Musiker Franz Zappa einst gesagt haben. Was für die Darstellende Kunst der Bilderrahmen ist, ist in der Sprache der Deutungsrahmen, der durch sprachliche Ausschmückungen gesetzt wird.

Unsere Wortwahl ergibt sich aus unseren Erfahrungen mit der Welt, den Menschen darin und unserem daraus resultierenden Verhalten. Merkmale, Attribute oder Strukturen werden von einem Quellbereich auf einen Zielbereich übertragen, aber immer selektiv. Bestimmte Aspekte werden betont, während andere ausgeblendet werden. Der Rahmeneffekt ist kurzgesagt der Ton, der die Musik macht, die sprachliche Verpackung einer Geschichte, die den Zuhörer und deren Reaktion beeinflusst und emotionalisiert.

Was macht Framing eigentlich mit uns?

Framing ist längst keine Neuerscheinung, eher ein alter Hut. Wenn Lukas in den Evangelien des Neuen Testaments beispielsweise Begriffe aus der kaiserlichen Propaganda aufgreift und so ein Kontrastbild entwirft, stellt er beide, den römischen Kaiser Augustus und Jesus, als gleichwertige Retter nebeneinander.

Sprachliche Frames üben machtvoll und wirksam Einfluss auf unser Denken und Handeln aus. Die Nutzung von Metaphern und Anspielungen ruft Bilder, Gedankenketten und Emotionen auf, nicht selten mit der Absicht, den Blick der Adressaten und Adressatinnen zu lenken, ihnen einen Deutungsrahmen vorzugeben. Unsere Entscheidungen werden dann nicht von Fakten, sondern von die durch den gesetzten Rahmen ausgelösten Emotionen beeinflusst. Narrative in öffentlichen Diskursen vor allem bei strittigen oder streitbaren Themen zeigen oft: Denken und Handeln ist maßgeblich durch sprachliches Framing beeinflusst.

Framing

in Gesellschaft und Religion

Beispiele aus dem Schulalltag

Lernoase oder Lernbüro – wohin werden die Schüler und Schülerinnen nach Ende des Unterrichts wohl lieber gehen? Auch die sogenannten Tablet-Klassen rufen das Bild einer zukunftsweisenden, modernen Lernumgebung hervor, weit weg von der verstaubten Kreidetafel. Doch der Begriff ist auch einseitig und schürt bei manch einem die Angst vor der kompletten Übernahme des Digitalen im Schulwesen.

Die Macht der für den Frame genutzten Worte liegt darin, dass sie Emotionen hervorrufen – positive wie negative. Schon der gute alte Tintenkiller, welcher Anfang des 20. Jahrhunderts sogar noch als Tintentod bezeichnet wurde, suggeriert nicht nur das Entfernen von Fehlern, sondern deren vollständige Löschung. Ein richtiger Killer eben.

Beispiele aus der Politik

Die Klimadebatte polarisiert die Öffentlichkeit, es kursieren sehr unterschiedliche Frames zum Prozess der Veränderung, dem das weltweite Klima unterliegt. Die Debatte ist mittlerweile ideologisch und politisch so aufgeladen, dass sich so etwas wie feindliche Gesinnungslager auftun, die ihre Grabenkämpfe u. a. in den Medien austragen. Auch hier dominieren wieder die durch Frames hervorgerufenen Emotionen. Klimachaoten oder Klimaaktivisten? Klimaskeptiker oder Klimaforschungsleugner? Klimakrise oder Klimakatastrophe?

Wenn beim Thema Asylpolitik über Flüchtende gesprochen wird, sind Begriffe aus dem Wortfeld rund um Wasser und Naturkatastrophen keine Seltenheit. Frames wie „Das Boot ist voll“ oder „Flüchtlingsstrom“ suggerieren ein Katastrophenszenario, das in der Bevölkerung Ängste auslöst. Wer würde sich schon gern von einer „Flüchtlingswelle“ überschwemmen lassen?

Frames - ab in die Lehrpläne?

Für viele ist es mittlerweile eine Aufgabe schulischer Medienarbeit, die Jugendlichen mit analytischer Kompetenz auszustatten, die sie in die Lage versetzt, mediale Angebote differenziert wahrzunehmen und zu bewerten. Konkret verankert in den Lehrplänen ist Framing allerdings noch nicht. Dabei sind die Macht der Sprache und vor allem der Framing-Effekt in der Politik in der Schnelllebigkeit unseres von Medien geleiteten Alltags wichtiger denn je.

Viele Grüße
Deine Lehrerinsel-Redaktion

Heike Schiemann
Lehrerinsel-Redaktion

… ist Herzblut-Anglistin und Lektorin für Unterrichtsmaterial im Bergmoser + Höller Verlag. Ihre Fächerschwerpunkte sind neben Englisch und Religion auch Deutsch und Geschichte. In ihrer Freizeit liest sie gern, natürlich überwiegend auf Englisch.

Heike Schiemann

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