Das Gerücht, dass Lehrer ständig ihre Freizeit genießen, hält sich hartnäckig. Viele glauben, dass die größte Herausforderung für Lehrkräfte während des Schuljahrs darin besteht, ein paar Klassenarbeiten zu korrigieren. Diese Vorurteile beeinträchtigen auch die Elternarbeit. Da geht die E-Mail-Korrespondenz zu langsam oder es fehlt am grundlegenden Verständnis für die Arbeit mit Kindern oder Jugendlichen. Ein paar Tipps für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Und wie lange kann die Unterrichtsvorbereitung für den nächsten Tag schon dauern? Lehrerinnen und Lehrer wissen gar nicht, was das Wort „Stress“ eigentlich bedeutet. Bei diesen Worten wird bei manch einem der Puls schon mal etwas schnelle. Der Lehrerberuf ist leider immer noch mit vielen Klischees behaftet. Auch die Einstellung von Eltern gegenüber den Aufgaben und Verantwortlichkeiten von Lehrkräften hat sich in den letzten Jahren, nicht zuletzt wegen Corona, gefühlt stark verändert. Dabei ist es von hoher Bedeutung, dass ein Elterngespräch für ein ein gutes Gefühl auf beiden Seiten sorgen soll.
„Unser Kind kann doch nichts dafür!“ – Wenn Eltern ihren Frust abladen
Brachte ein Schüler früher eine schlechte Note mit nach Hause, war die Lage klar: Hätte er oder sie mehr gelernt, wäre das nicht passiert. „Wie erklärt du dir das?“, fragten da die Eltern ihr Kind. Heute sieht es oft anders aus. Es kommt nicht selten vor, dass man bei der Elernsprechstunde wütende Eltern vor sich hat, die den Lehrern die Schuld an der schlechten Leistung geben. „Wie erklärten Sie sich das?“, heißt es nun für die Lehrer. „Und sowieso; wieso haben wir auf unsere Mail von Montag, 21.08 Uhr, eigentlich keine Rückmeldung mehr bekommen?“
Besonders im Umfeld Schule scheint die Schuldfrage bei schlechten Noten oder schlechtem Verhalten heutzutage klar: Die Lehrkraft ist verantwortlich. Doch dass jede Geschichte zwei Seiten hat und es Lehrern keinen Spaß macht, schlechte Noten zu verteilen, vergessen Eltern gerne, wenn es um ihre Kinder geht.
Tipps: Ein offenes Ohr und gelebte Sachlichkeit
- Lasst Eltern ihren Frust loswerden. Einfach mal reden lassen und zuhören. Wenn euer Gegenüber ausgesprochen hat, folgt die Lehrerseit. Wiederholt sinngemäß, was ihr als Problem aufgefasst habt. Das signalisiert, dass ihr zugehört habt, offen seid und die Eltern ernst nehmt. Oft verbrirgt sich dahinter ein aufgestauter Frust, der auch in der Eltern-Kind-Kommunikation fußt. Als Lehrkraft sollte man also immer damit rechnen, dass Eltern möglicherweise nur lückenhaft oder einseitig durch die Berichterstattung des Schülers informiert sind.
- Stellt eure (Lehrer-)Sicht der Dinge vor. Ist wirklich ein Fehler passiert, ist es keine Schande, wenn ihr diesen eingesteht. Ist die Kritik unbegründet oder komplexer Natur, dann sind weiterführende Gespräche notwendig. Formulierungen wie „Hier scheint es offenbar ein Missverständnis zu geben.“ klären die Situation, klingen aber nicht vorwurfsvoll.
- Sachlich bleiben! Drückt euch so sachlich wie möglich aus, um Eltern mit Wut im Bauch den letzten Wind aus den Segeln zu nehmen. Wenn Eltern allerdings unfair oder sogar beleidigend werden, dann fordert euren Gegenüber deutlich auf, ebenfalls sachlich zu bleiben. Bei aller Kritik ist Respekt wichtig und den dürft ihr ruhig einfordern. Könnt ihr das Gespräch wieder drehen? Super! Doch ist das nicht mehr möglich, ist es euer gutes Recht, das Gespräch zu beenden oder eine weitere Gesprächsperson aus dem Schulmanagement dazuzuholen.
„…“ – Introvertierte Eltern
Dann gibt es da noch die wortkargen Eltern, die zum Elterngespräch erscheinen und am liebsten nur zuhören möchten. Bei Schülerinnen und Schülern mit sehr guten bis guten Leistungen mag das unproblematisch sein. Wenn es aber wirklich Gesprächsbedarf – besonders von Lehrerseite – gibt, dann wäre ein Dialog an dieser Stelle deutlich förderlicher als ein Monolog der Lehrkraft.
TIPP Ruhige Eltern aus der Reserve locken
- Stellt direkte offene Fragen, die euer Interesse an der Persönlichkeit des Kindes signalisieren. Mit „Wofür begeistert sich Lea in ihrer Freizeit?“ ist das Eis schnell gebrochen. Wer direkt fragt, erhält in der Regel auch eine Antwort. Je spezifischer die Frage, desto größer also die Wahrscheinlichkeit eine Antwort zu erhalten.
- Um gesprächsscheue Eltern Kommentare zu entlocken, hilft es außerdem zu signalisieren, dass ihr Wert auf die elterliche Meinung legt. Zeigt ihnen, dass ihr sie einbinden möchtet und euch ihr Input wichtig ist. Oder bringt charmant auf den Punkt, dass das Gespräch für euren Geschmack noch zu einseitig ist, etwa mit Anmerkungen wie „Jetzt habe ich schon ganz viel gesagt. Was kommt Ihnen denn dazu in den Sinn?“
„Und da fällt mir noch ein …“ – Eltern, die viel zu sagen haben
Im Gegensatz zu den Eltern, die kaum etwas sagen, gibt es natürlich auch die Väter und Mütter, die so viel zu sagen haben, dass ihr kaum zu Wort kommt. Ok, an Input mangelt es euch dann natürlich nicht, aber damit ein konstruktives Gespräch daraus (und die Gesprächzeit nicht deutlich überzogen) wird, solltet auch Du deine Redezeit einfordern.
TIPP Unterbrecht euren Gesprächspartner – aber elegant! Sprecht die Person dabei direkt mit ihrem Namen an, das sorgt für zusätzliche Aufmerksamkeit. Mit „Herr Müller, ich verstehe Sie so, dass Sie glauben, …“ macht ihr nichts falsch. Und weist auch darauf hin, wenn die Zeit knapp wird. Bietet im Zweifel an, die Themen aufzuteilen und für bestimmte Punkte einen zweiten Termin zu vereinbaren. So merkt euer Gegenüber, dass ihr sie oder ihn ernst nehmt, zuhört und euch Zeit für das nehmt, was wichtig ist.
Grenzen ziehen
Und dann gibt es, wie eingangs kurz erwähnt, ja noch die Eltern, die glauben, dass Lehrkräfte ständig auf Abruf bereitstehen. Auch hier solltet ihr aktiv werden. Leg eine Uhrzeit fest, bis wann Du noch erreichbar bist bzw. wann die Arbeit eine Pause hat. Diese Uhrzeit müsst und solltet ihr natürlich nicht nach außen kommunizieren, aber sie hilft dabei, Grenzen zwischen Beruf und Privatleben zu ziehen. Ist etwa ab 19 Uhr Feierabend und es trudeln noch E-Mails ein, beantwortet dieses auch konsequent erst am nächsten Tag. Auch eine Mail auch zu kommunizieren, dass ihr so spät abends nicht mehr arbeitet. Kommt so etwas häufiger vor, macht es vielleicht sogar Sinn, einen Elternbrief aufzusetzen. So sind alle auf dem gleichen Stand.
Nachgefragt: Was euch im Lehreralltag beschäftigt
Weil wir es genau wissen wollten, haben wir mal in unserer Community nachgefragt und auf unserer Facebook-Seite folgenden Post veröffentlicht:
Besonders die Bürokratisierung eures Berufes macht vielen zu schaffen. Userin Saskia schrieb dazu „Wir arbeiten fürs Abheften“. Dem Thema Digitalisierung würde im Vergleich dazu viel zu wenig Beachtung geschenkt. Defekte Smartboards, fehlende IT-Administratoren – die Liste sei lang. Und auch die ständige Erreichbarkeit, die sowohl von Schülern als auch von Eltern teilweise einfach vorausgesetzt würde, sorge bei vielen Lehrerinnen und Lehrern für Druck. Druck, der durch zu wenig Personal, eine hohe Anzahl an Klassenarbeiten und zu wenig Zeit für zu viele Kinder nur verstärkt würde.
Konfliktlinien der deutschen Gesellschaft
Nicht nur zwischen Eltern und Lehrern kann es zu Konflikten kommen. Sobald unterschiedliche Interessen oder Wertvostellungen aufeinander treffen, entstehen Spannungsverhältnisse, die es zu lösen gilt. Diese Ausgabe von Politik betrifft uns befasst sich mit Konflikten, die in unserer Gesellschaft oft zu Diskussionen führen.
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