Wie kannst du deinen Geschichtsunterricht noch spannender gestalten? Der Einsatz von Archivquellen eröffnet dir und deinen Schüler/-innen neue Perspektiven auf das Weltgeschehen. Ein Klausurvorschlag zu der Koblenzer Rittersturzkonferenz.
Die Rittersturzkonferenz vom 8.–10. Juli 1948 war geprägt von vier Grundsätzen: Erstens: Die Frankfurter Dokumente wurden angenommen. Jegliche Spekulation über die Ablehnung dieser Dokumente durch die Mehrheit der Ministerpräsidenten ist nicht durch die Quellen belegbar. Zweitens: Eine Weststaatsgründung wurde von den anwesenden Ministerpräsidenten (und der Vertreterin Berlins) mit Blick auf die noch nicht endgültig geklärte deutsche Frage abgelehnt. Auch der Begriff des Staates wurde in Koblenz „umschifft“. Vielmehr sprach man auf der Konferenz von einem zu errichtenden „Verwaltungsgebiet“. Daher lehnten die Anwesenden auch die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung ab. Drittens: Die von den Alliierten eingeforderten möglichen Veränderungen einzelner Ländergrenzen wurden von den Ministerpräsidenten als rein innerdeutsche Angelegenheit angesehen und aufgrund der anderen zu treffenden Entscheidungen vertagt. Viertens: Der Entwurf eines Besatzungsstatuts wurde aufgrund der für die Anwesenden zu vielen Sonderrechte der Alliierten im politischen und wirtschaftlichen Bereich abgelehnt. Sie forderten hierzu mehr Mitspracherecht und Autonomie in zentralen politischen Feldern. Demgegenüber stand die Angst der Alliierten vor einer möglichen erneuten Radikalisierung in dem zu gründenden Weststaat, der sie möglichst effektiv begegnen wollten.
Archivquellen im Unterricht
Klausurvorschlag: „Schichten der Geschichte“
Rittersturzkonferenz in Koblenz: Ein Staat konstituiert sich in Etappen
,,[…]Staaten haben ihre Gründungsmythen. Die Bundesrepublik Deutschland, die im nächsten Jahr ihren 50. Geburtstag feiert und in diesem die Etappen ihrer Gründung, tut sich damit schwer. Im Bewußtsein der Bürger glänzt nach wie vor der Spiegelsaal von Versailles, in dem Bismarck das deutsche Kaiserreich aus der Taufe hob. Bei der Frage nach den Ursprüngen der zweiten deutschen Republik schaut man dagegen in leere Gesichter. Weder läßt sich eine nährende Wölfin noch ein Bastillensturm vorweisen. Die Reliquien der letzten deutschen Staatsgründung sind Konferenztische.
Unsere Staatssaga verliert sich in einem Wust von Ausschußvorlagen, Sitzungsprotokollen, Anweisungen, Empfehlungen, Gegenvorschlägen und Kompromißvereinbarungen. Ebenso unmythisch sind die Schauplätze, an denen sich die Vorrunden für die Gründung unseres Staates abgespielt haben. […]
Das demokratische Nachkriegsdeutschland ist aus versteckten Winkeln gewachsen. Das war durchaus beabsichtigt. Weder die Siegermächte, die als Souveräne auf Hitler gefolgt sind, noch die deutschen Politiker, die überwiegend aus der gescheiterten politischen Klasse der Weimarer Republik stammten, hatten ein Interesse, an Orte anzuknüpfen, die von der deutschen Vergangenheit belastet waren.
Unsere Staatsgründung beruht auf drei dürren Dokumenten, die die Vertreter der Westmächte im Frühjahr 1948 auf der sogenannten Londoner Sechs-Mächte-Konferenz ausgehandelt haben. Sie wurde den Ministerpräsidenten der drei Westzonen in frostiger Atmosphäre im Frankfurter Hauptgebäude des ehemaligen IG-Farben-Konzerns übergeben.
Ort der Übergabe und das Datengerüst weisen nun doch auf eindeutige Bezüge zur deutschen Geschichte. Festgesetzt war der 1. September als Termin für die erste Zusammenkunft der verfassunggebenden Versammlung. Es wurde von den West-Alliierten bewußt mit dem Ort Frankfurt und dem Verwaltungsgebäude des größten Nazikonzerns sowie mit dem 1. September (Überfall auf Polen) und dem Jahr 1948 (1848) die deutsche Demokratietradition gegen die Nazibarbarei ausgespielt. […]“
Den kompletten Auszug des Klausurvorschlags hier auf dem Arbeitsblatt:
Leitfragen/Arbeitsaufträge
1 Fassen Sie die Kernaussagen des Textes in eigenen Worten kurz zusammen.
2 Erläutern Sie die Aussage, dass in Koblenz das „Mißtrauen der politischen Klasse Deutschlands gegenüber dem Volk institutionalisiert“ wurde.
3 Diskutieren Sie die Thesen des Autors.
4 Erörtern Sie die Frage, ob die heutige Bundesrepublik Gründungsmythen bedarf.
Übung aus der Unterrichtseinheit Archivquellen im Unterricht
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