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Rollenspiel: Sollte Billigkleidung reguliert werden?

Massenfertigung von Kleidung - erstellt mit Dall-E 3

Hosen für 12,99 oder ein T-Shirt für 5,99 Euro? Niedrigpreise und schneller Durchlauf bilden die Grundlage für das Geschäftsmodell zahlreicher Modehersteller. Die neuen chinesischen Online-Händler Shein und Temu haben dieses Konzept auf die Spitze getrieben. Frankreich plant nun als erstes Land ein Gesetz gegen Billigmode. Mit diesem Rollenspiel für den Unterricht stellen sich Schülerinnen und Schule die Frage: Sollte der Verkauf von billiger Mode in Deutschland bestraft werden?

Was versteht man unter dem Geschäftsmodell Fast Fashion?

Eine einheitliche Definition für den Begriff Fast Fashion gibt es nicht. Fast Fashion-Produkte sind im Allgemeinen sehr günstig, trendbezogen und haben eine sehr kurze Durchlaufzeit zwischen erstem Design und Verkauf (Time-to-Market). Bei Zara und H&M bspw. etwas mehr als einen Monat.


Das Segment Ultra Fast Fashion umfasst Unternehmen, die mit Tiefstpreisen und sehr schnellen Produktzyklen operieren. Das chinesische Unternehmen Shein bringt bspw. täglich 700 neue Modelle mit Stückzahlen im niedrigen dreistelligen Bereich auf den Markt.

Gesetze gegen Billigmode?

Ein im März von der französischen Nationalversammlung verabschiedete Gesetzentwurf soll 2025 in Kraft treten. Der Begriff Fast Fashion bleibt dabei allerdings genauso wie die Sanktionen vage. Die Stoßrichtung zielt aber auf die Ultra Fast Fashion-Anbieter. Geplant ist eine Strafgebühr für den Verkauf sehr billiger Textilware von 5 Euro, die bis 2030 auf die doppelte Höhe ansteigen soll. In der Diskussion sind auch Preisaufschläge von 50%. Werbung, inklusive Influencer-Marketing, soll für die Ultra Fast Fashion-Branche verboten sein.

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Tipp

Fast Fashion: Relevanz für den Unterricht

Die Leitperspektive Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) soll die Entscheidungskompetenz der Lernenden durch Information und Werteorientierung erhöhen. Die Textilbranche bietet sich exemplarisch an, da Kleidung für Jugendliche einen direkten Lebensweltbezug hat und die globalisierte Lieferkette mit ihren Chancen und Risiken für die beteiligten Akteure multiperspektivisch und kontrovers diskutiert werden kann.

Rollenspiel: Gesetz gegen Billigmode

Schülerinnen und Schüler werden in 5er-Gruppen aufgeteilt und wählen eine der unten aufgeführten Rollen. Anschließend können Diskussionen geführt werden. Leitfrage könnte sein: Sollte in Deutschland ein entsprechendes Gesetz eingeführt werden, um den Verkauf von Billigmode strafbar zu machen?

Hier die fünf Rollen mit ihren Standpunkten:

Preisaufschläge für Textilien sind nicht sinnvoll, da sie nur die Inflation anheizen; alle Modeunternehmen wollen effizient produzieren, deshalb würden durch eine entsprechende gesetzliche Regelung Fehlanreize gesetzt; eine ungenaue Definition von Fast Fashion würde alle Produzenten günstiger Mode umfassen; es gibt auch Beispiele für sehr günstige Kleidung, die dennoch nachhaltig (z.B. aus Biobaumwolle) ist. Allerdings ist es moralisch schon fragwürdig, ob Mode per Luftfracht nach Europa gebracht werden sollte.

Ein isolierter nationaler Gesetzesvorstoß, wie der französische, widerspricht der Grundidee der vier Freiheiten des europäischen Binnenmarkts. Eine Besteuerung könnte aber die Unternehmen dahingehend beeinflussen, dass sie nachhaltigere Mode entwickeln. Die Steuermehreinahmen könnten für ökologische Zwecke verwendet werden. Eine weitere Steigerung der Marktanteile der Ultra Fast Fashion-Anbieter sollte begrenzt werden, da sie (mit Ausnahme von Primark) auf stationären Handel verzichten und somit weiter den Einzelhandel schädigen. Viele der Fast-Fashion-Textilien sind so schlecht verarbeitet, dass sie im Second-Hand-Bereich keine Verwendung finden können.

Fast Fashion verursacht massive Umweltverschmutzung. In Europa werden jährlich pro Kopf ca. 26 kg Textilien gekauft. Von diesen wird etwas weniger als die Hälfte wegegeworfen. Außerdem verletzt sie soziale Standards in den Produktionsländern, wie z.B. Bangladesch. Nicht getragene oder weggeworfene Ware überflutet die Märkte in Afrika und Südamerika. Dadurch werden lokale Textilhersteller verdrängt. Die Modeindustrie ist für ca. 20 Prozent des Wasserverbrauchs und ca. 1/3 des globalen Mikroplastiks in den Ozeanen als Verursacherin verantwortlich. Insgesamt sind ca. 10 % der CO2-Emissionen auf die Textilindustrie zurückzuführen. Tendenz steigend.

Vielen Konsumenten mit niedrigem Einkommen können sich Markenware nicht mehr leisten; Fast Fashion ist nicht immer mit schlechter Kleidung gleichzusetzen; Unternehmen können auch sehr effizient produzieren, indem sie mit digitalen Technologien und ohne Lagerbestände die Kundenwünsche exakt erfassen und somit auch Überproduktion vermeiden; die Produktion kann sehr schnell an eine unsichere Nachfrage angepasst werden (Quick response).

Die Billiganbieter ermöglichen die „Demokratisierung der Mode“, neueste Trends wären sonst nur etwas für Reiche; die Billigmode ermöglicht mehr Freiheit, da man sich als modebewusster Mensch nicht auf einen Stil festlegen muss. Weniger Ausgaben für Kleidung erleichtern die Bewältigung anderer Alltagsausgaben; allerdings gehen von den Billigangeboten tatsächlich ständige Kaufimpulse aus.

Viele Grüße
Deine Lehrerinsel-Redaktion

Anke Söller
Lehrerinsel-Autorin

… ist Gymnasiallehrerin für die Fächer Gemeinschaftskunde, Geschichte, Englisch und Wirtschaft in Baden-Württemberg.

Autorenbild
Timo Schuh
Lehrerinsel-Autor

… ist Gymnasiallehrer für die Fächer Gemeinschaftskunde, Geschichte, Latein, Psychologie und Wirtschaft in Baden-Württemberg.

Timo Schuh

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