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Oh, wie schön sind Klassenfahrten

Kreidetafel mit der Aufschrift Klassenfahrt
Klassenfahrten: Reiselust oder Reisefrust? © DOC RABE Media – Adobe Stock

„Schulwanderungen und Schulfahrten (…) sind Bestandteile der Bildungs- und Erziehungsarbeit der Schulen“ – so die Richtlinie für Schulfahrten, die sich auf den Seiten des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen findet. Wer den Beruf des Lehrers oder der Lehrerin wählt, kommt nicht um sie herum, aber sie polarisieren die Lehrerschaft heute so wie früher.

Klassenfahrten haben Anhänger und Gegner

Beim Thema Klassenfahrten gibt es überzeugte Anhänger und Gegner. Während die eine Lehrperson freudig gespannt mit der Klasse am Bus steht und sich auf ein paar erholsame Tage ohne starres Unterrichtkorsett freut, leidet die andere schon Wochen vorher unter Alpträumen: Was ist, wenn Schüler A. sich verletzt beim halsbrecherischen Versuch, die Mädels mit seinen akrobatischen Fähigkeiten zu beindrucken? Was, wenn der Anschlusszug zur Fähre ausnahmsweise pünktlich abfährt, während unser Zug seit 15 Minuten in der Bahnhofseinfahrt steht? Wie mit dem notorisch heimwehkranken B. umgehen, vor dem die befreundete Kollegin unheilschwanger raunend gewarnt hat?

Wie wichtig sind Klassenfahrten? Welche Pro-Argumente gibt es?

  1. Klassenfahrten stärken die Selbstständigkeit. Besonders die übereifrig behüteten Schülerinnen und Schüler bekommen die Chance, Selbstvertrauen aufzubauen und merken, dass sie mehr können als ihnen die Eltern (gelegentlich) zutrauen.
  2. Auf Klassenfahrten erleben Schüler und Schülerinnen Dinge, die sie zu Hause nicht erleben. Sei es aus Kostengründen oder weil die Eltern zwei Wochen Strandurlaub all inclusive vorziehen. Sie fahren mit ihren Schulkameraden in den Hunsrück, der quasi vor der Haustür liegt, und merken, dass es nicht unbedingt Mallorca sein muss.
  3. Die Klassengemeinschaft wird gestärkt. Als Lehrperson lernt man Seiten an seinen Schülerinnen und Schülern kennen, die im Unterricht vielleicht nicht sichtbar sind. Die Nervensäge aus der dritten Reihe findet den verloren geglaubten Koffer von der Klassenkameradin – ist doch super.
  4. Alle dürfen zusammen für ein paar Tage den Schulstress vergessen. Das hebt die Stimmung ungemein und mit ein bisschen Glück kann man das Gefühl vielleicht noch in die nächste volle Schulwoche herüberretten.

Und die Contra-Argumente?

  1. Wenn es um Ideen für Ziele von Klassenfahrten geht, wird es schnell kompliziert. Vor allem Fahrten ins Ausland sind nicht immer billig. Es fallen Kosten für Busse, Unterkunft und eventuell Fähren an. Für viele Eltern, besonders mit mehreren Kindern, ist das nicht leicht zu stemmen. Und wer für jede Klassenfahrt einen Zuschuss über das Jobcenter beantragen muss, findet das mit Sicherheit auch nicht so angenehm. Außerdem entstehen beispielsweise seit dem Brexit bei der klassischen Fahrt nach London Visakosten für Schülerinnen und Schüler ohne EU-Staatsbürgerschaft.
  2. Je nachdem, wohin die Reise geht und mit welchem Verkehrsmittel sie stattfindet, tragen auch Klassenfahrten zum CO2-Abdruck bei. Müssen Nordlichter eine Woche zum Skifahren mit der Klasse in die Berge fahren, wenn sie die Bretter hinterher nie wieder umschnallen?
  3. Der Druck der Verantwortung auf das Lehrpersonal ist extrem hoch und bei praktisch jeder Klassenfahrt tauchen Probleme auf. Die Wodkaflasche auf dem Viererzimmer hat in der Rückschau vielleicht Anekdotencharakter, ein Besuch im Krankenhaus mit einer betrunkenen Achtzehnjährigen ist kein Vergnügen. Die Klassenfahrt kann sich so anfühlen, als ob man quasi mit einem Bein im Gefängnis steht.

Welches Fazit kann man ziehen?

Die meisten Klassenfahrten bewegen sich irgendwo zwischen Reiselust und Reisefrust. Es gibt Klassenfahrten, die alle entspannt und mit einem kleinen Lächeln im Gesicht zurücklassen, und es gibt Klassenfahrten, an die man sich auch nach Jahren noch nur mit gehörigem Schaudern zurückerinnert.
Tatsache ist, dass zum Dasein als Klassenlehrer oder als Klassenlehrerin die Klassenfahrt immer noch zum Job gehört und solange die Künstliche Intelligenz uns keine virtuellen Holodeckreisen bieten kann, wird das auch erst einmal so bleiben.

Viele Grüße
Deine Lehrerinsel-Redaktion

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