Der Digitalpakt für die Schulen läuft in weniger als einem Jahr aus und noch wird über einen Digitalpakt 2.0 politisch gerungen.
Langsames Internet, verstaubte alte Computer, W-LAN im Klassenzimmer als ferner Traum und statt interaktivem Whiteboard Tafel läuft der Overheadprojektor. So sah die Realität der Digitalisierung in deutschen Schulen und auch noch während deiner Schulzeit lange aus. Zum Glück hat sich in den letzten Jahren einiges getan an deutschen Schulen, sowohl bei der digitalen Infrastruktur als auch bei der Ausstattung. Zum Teil erfolgte dies gezwungenermaßen als Folge der Corona-Pandemie. Doch zum Fortschritt bei der Digitalisierung hat der 2019 beschlossene Digitalpakt zwischen Bund und Ländern geführt.
Doch der jetzige Digitalpakt läuft im Mai 2024 aus. Die Länder schlugen deshalb bei einer Pressekonferenz am 12. Juli 2023 Alarm, da die Verhandlungen mit dem Bund zu einer Fortführung des Programmes stocken würden und sie zunehmend besorgt sind, dass der Bund aus dem Programm aussteigen könnte.
Wir schauen uns deshalb den Digitalpakt einmal genauer an und blicken in die Zukunft, was sich bei einem möglichen Digitalpakt 2.0 noch ändern könnte.
Digitalisierung bleibt ein Topthema
Bei allen positiven Entwicklungen in den letzten Jahren bei der Digitalisierung, sie bleibt weiterhin eines der Hauptprobleme des deutschen Bildungssystems. Im April 2021 gaben in einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom drei Viertel aller befragten Eltern von schulpflichtigen Kindern an, dass die Digitalisierung an den Schulen nicht schnell genug vorankomme. Die Eltern forderten insbesondere die Ausstattung von digitalen Endgeräten in den Schulen zu verbessern und haben der digitalen Ausstattung an den Schulen insgesamt nur die Note 3- gegeben.
Auch die Lehrkräfte sehen die Probleme der Digitalisierung als eine der größten Herausforderungen an den Schulen. Dies ergab eine Umfrage des Deutschen Schulbarometers im April 2022.
Der Digitalpakt 1.0
Das Programm des Digitalpaktes wurde im Mai 2019 unter der damaligen Bundesbildungsministerin Anja Karliczek gestartet, mit einer Laufzeit von 5 Jahren. Das Programm startete zunächst mit einer finanziellen Ausstattung von fünf Milliarden Euro, welche um 1,5 Mrd. € in drei Tranchen im Zuge der Corona-Pandemie ergänzt wurde. Hinzu kommt ein ergänzender Anteil der Bundesländer von 10% bei der Finanzierung, sodass das Gesamtvolumen des Digitalpaktes bei 7,15 Mrd. € liegt. Damit entfallen im Schnitt 175.000 Euro auf jede der ca. 40.000 beruflichen und allgemeinbildenden Schulen in Deutschland.
In dem ersten Paket stand vor allem die Förderung der digitalen Infrastruktur im Vordergrund. Hierzu zählte der Ausbau von schnellem Internet und W-LAN bis in die Klassenzimmer und die Ausstattung mit digitalen Endgeräten und Tafeln sowie der Erwerb von Software und Lernplattformen für den Unterricht. Bei den zusätzlichen Mitteln, die im Zuge der Corona-Pandemie zur Verfügung gestellt wurden, stand vor allem die Ausstattung mit digitalen Endgeräten für Schülerinnen und Schüler sowie für die Lehrkräfte im Fokus. Hinzu kommt Hilfe für die IT-Administration an den Schulen und die Erstellung von digitalen Lehrmaterialen.
Nur langsamer Abfluss der Mittel
Auch wenn viel Geld vonseiten der Politik bereitgestellt wurde, so kommt dieses nur schleppend bei den Schulen an. 2022 waren 1,97 Mrd. € von den zur Verfügung stehenden Mitteln abgeflossen und weitere 4,1 Mrd. € beantragt und verplant. In Deutschland haben damit ungefähr rund 26.000 der insgesamt etwa 40.000 Schulen von den Mitteln profitiert. Es zeigen sich allerdings Unterschiede bei der Abrufung der Mittel. Während die Mittel für die Ausstattung der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten fast ausgeschöpft sind, waren bis Juni 2022 nur 18 Millionen Euro von den insgesamt 500 Millionen Euro für die IT-Administration ausgegeben.
Was sich für den Digitalpakt 2.0 ändern muss
Im ersten Digitalpakt stand vor allem die Infrastruktur und Ausstattung der Schulen im Vordergrund. Nun werden zunehmend Forderungen laut, die einen stärkeren Fokus auf die Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften für die digitale Lehre in einem Digitalpakt 2.0 fordern. Die Antragsstellung sollte darüber hinaus vereinfacht werden, sodass auch Schulen, bei denen es an Personal mangelt und die noch nicht über das nötige Vorwissen zur Antragsstellung verfügen, leichter von den Förderungen profitieren können.
Zudem sollten auch die Aspekte Wartung und Support im nächsten Digitalpakt Berücksichtigung finden. Die in den letzten Jahren angeschaffte Technik und Infrastruktur sollte möglichst lange unterstützt und gepflegt werden. Dies sollte nicht nur aus Kostengründen berücksichtigt werden, da es günstiger ist, einmal angeschaffte Technik zu warten, als alle paar Jahre neu zu kaufen, sondern auch unter dem Aspekt der Schonung der natürlichen Ressourcen und unserer Umwelt. Hamburgs Schulsenator Rabe (SPD): „Jeder weiß, wie schnell digitale Geräte veralten und ersetzt werden müssen. Wenn die Bundesregierung jetzt aus dem Digitalpakt aussteigt, können mehrere Millionen neu angeschaffte Tablets, Laptops, digitale Tafeln und Server ab 2024 weder gewartet noch modernisiert und ersetzt werden.“
Die wissenschaftliche Begleitung eines Digitalpaktes 2.0 sollte zudem im Gegensatz zum ersten Digitalpakt von Anfang an in der Planung enthalten sein, um eine wissenschaftliche Evaluierung der Fortschritte auf Bundesebene sicherstellen zu können.
Unsicherheit wächst bei den Schulen
Nicht nur bei den Ländern wächst zunehmend die Sorge, dass der Digitalpakt nach 2024 nicht fortgeführt wird. Auch die Schulen und Lehrkräfte fragen sich, ob der angefangene Weg der Digitalisierung fortgeführt werden kann. Im aktuellen Haushaltsplan für 2024 sowie in der weiteren Haushaltsplanung über 2024 hinaus sind von der Bundesregierung keine weiteren Mittel für die Digitalisierung der Schulen veranschlagt.
Ein Wandel im Bildungssystem wie der, welcher durch die Digitalisierung angestoßen wurde, benötigt einige Jahre, um wirkliche „Früchte“ zu tragen. Der Präsident des Lehrerverbandes Düll, forderte deshalb bereits einen „Doppelwumms“ für die digitalen Schulen. Das Bildungssystem sollte daher nicht nur von der Gegenwart aus betrachtet werden, sondern auch immer von der Zukunft aus gedacht werden. Entwicklungen in der Arbeitswelt werden zunehmend durch die Digitalisierung beeinflusst, dies hat nicht zuletzt ChatGPT eindrucksvoll gezeigt. Schulen und der Unterricht müssen daher die digitalen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern mehr und mehr in den Blick nehmen. Der Digitalpakt 2.0 könnte damit wichtige Weichen für die Zukunft stellen.
Gibt es an Deiner Schulen Erfahrungen mit dem Digitalpakt? Und was wären Deine Wünsche an einen Digitalpakt 2.0? Schreibt uns Deine Erfahrungen und Meinungen unter: info@lehrerinsel.de
Viele Grüße
Deine Lehrerinsel-Redaktion
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