Chatbots wie ChatGPT können viele Hausaufgaben problemlos lösen. Dies stellt Lehrkräfte vor eine neue Aufgabe, auf diese Tools zu reagieren und die Herausforderungen und Chancen für den Unterricht abzuwägen.
Hausaufgaben zählen wohl zu einem der unbeliebtesten Aspekte von Schule für die Schülerinnen und Schüler. Jeder hat wahrscheinlich noch aus seiner eigenen Schulzeit bestimmte Aufgaben im Kopf, die man besonders ungern gemacht hat oder dessen Sinn man als Jugendlicher bezweifelt hat. Genauso lang wie es schon Hausaufgaben gibt, ist auch die Suche von Schülerinnen und Schülern nach Wegen, die Hausaufgaben zu umgehen oder schnell und einfach nach Lösungen für diese zu suchen. Was früher noch das Abschreiben bei Freunden im Schulbus war, lässt sich heute mit einem Knopfdruck im Internet erledigen
Das Stichwort dazu lautet Chatbots, die mithilfe von künstlicher Intelligenz in Sekundenschnelle Aufgaben beantworten, Texte und Aufsätze verfassen können oder Fachwissen zusammenfassen und wiedergeben. Das bekannteste Programm ist dabei ChatGPT der Firma Open AI. So dauerte es nur wenige Tage nach der Veröffentlichung von ChatGPT, bis in den sozialen Netzwerken viele Schülerinnen und Schüler das Potenzial erkannten, ihre Hausaufgaben von ChatGPT lösen und schreiben zu lassen und dies mit der Welt teilten. Einige verkündeten bereits das Ende aller Hausaufgaben.
Unbegrenzte Möglichkeiten?
Auch wenn ChatGPT wahrscheinlich nicht direkt das Ende aller Hausaufgaben bedeutet, so sind die Möglichkeiten und Fähigkeiten, welche sich aus ChatGPT ergeben, doch beeindruckend. Sei es die Analyse eines Kapitels aus Hiob von Joseph Roth, eine Erklärung der Grundsätze der Quantenphysik mit Beispielen, oder die Einschätzung der Auswirkungen der napoleonischen Kriege auf die europäischen Gesellschaften. Für ChatGPT ist das alles kein Problem und mit kleinen Anpassungen in der Aufgabenstellung ist das Programm in der Lage „individualisierte“ Antworten zu geben. Für Lehrkräfte stellt sich damit die Frage, wird es in Zukunft nur noch Noten für mündliche Prüfungen und Tests unter Aufsicht geben können?
K.I. Kontrolle durch K.I.
Eine Überlegung für Lehrer und Lehrerinnen könnte es sein, verstärkt auf Programme zu setzen, um Texte, die von einer künstlichen Intelligenz geschrieben wurden sind, zu erkennen. Doch hierbei gibt es noch viele ungelöste Probleme. Zurzeit werden viele Texte, welche von einer K.I. wie ChatGPT geschrieben wurden, nur unzureichend von den Programmen erkannt. Auch stellen die Texte oft kein direktes Plagiat im klassischen Sinne dar, weil ChatGPT aus seiner Datenbank neue Texte generiert.
Zudem gibt es natürlich auch die Möglichkeit, die Texte so umzuschreiben, dass sie menschlich wirken. Dies muss noch nicht einmal von den Schülerinnen und Schüler selber gemacht werden, da es verschiedene andere K.I. Programme gibt, die einen Text so verändern können, dass der Text „menschlich“ wirkt. Es ist daher wenig sinnvoll, sich auf dieses Katz-und-Maus-Spiel einzulassen. Vielmehr sollte man proaktiv auf die Entwicklung von künstlichen Intelligenzen und Chatbots eingehen.
Einbeziehung von ChatGPT in Unterricht und Hausaufgaben
Für den Unterricht und insbesondere für die Hausaufgaben sollte diese Entwicklung im Bereich der K.I. schnell aufgegriffen und berücksichtigt werden. Eine Folge daraus wird wahrscheinlich sein, dass generische Fragen zur reinen Wissensabfrage der Vergangenheit angehören werden. In Zukunft wird es noch wichtiger werden, dass die Schülerinnen und Schüler reflektiert und in eigener Verantwortung Aufgaben lösen sollen. Die Erarbeitung des Lösungsweges wird mehr Gewicht bekommen, wenn ein Endergebnis auch von einer K.I. produziert werden kann. So könnten bei Schreibaufgaben vermehrt Fragestellungen mit eigenen Meinungen ins Spiel kommen.
Eine kreative Einbindung von Chatbots bereits im Unterricht wäre eine zusätzliche Möglichkeit. Aufgaben könnten bereits in der Klasse mithilfe von ChatGPT besprochen werden, um zum Beispiel zu sehen, welche Blindflecken die K.I. noch hat oder gezielt auf einzelne Argumente der künstlichen Intelligenz einzugehen, um so zu überlegen, wie das Programm auf das Ergebnis kam. Neben dem reinen Wissenserwerb sollten so vor allem „Soft Skills“ wie Kommunikation, Teamarbeit und kreative Fähigkeiten zur Problemerkennung und Lösung in den Fokus rücken. Eine Aufgabe, die unzweifelhaft große Herausforderungen an die Schule stellen wird.
K.I. bewusst verstehen
Da in absehbarer Zukunft auch in der Arbeitswelt künstliche Intelligenz zunehmend an Bedeutung gewinnen wird, sollte bereits in der Schule ein Grundverständnis über die Funktionsweise sowie der Umgang mit künstlicher Intelligenz vermittelt werden. Die Schülerinnen und Schüler sollten K.I. als neues „Werkzeug in ihrem Werkzeugkasten“ verstehen.
In Fächern wie Ethik und Philosophie könnte direkt mit ChatGPT gearbeitet werden, um verschiedene ethische und philosophische Konzepte zu erörtern, aber auch um weiterführend die Chancen und Risiken von der Sammlung großer Datenmengen für unsere Gesellschaft zu diskutieren. Mathe und Physik auf der anderen Seite könnten die technischen und statistischen Elemente einer selbstlernenden künstlichen Intelligenz behandeln, um so zu verstehen, wie ChatGPT zu den Antworten kommt, die man liest.
ChatGPT lässt sich natürlich nicht nur zum Lösen von Hausaufgaben einsetzen, sondern auch zum Erstellen dieser. Je nach Unterrichtsfach kann er verschiedene Ideen und Anreize geben zur Erstellung neuer Aufgaben und didaktischer Methoden. Oder man bezieht das Programm direkt in die Fragestellung mit ein, sodass Schüler und Schülerinnen zum Beispiel die von ChatGPT gegebenen Antworten untersuchen und einordnen sollen.