Das Sachrechnen ist ein wichtiger Bestandteil des Mathematikunterrichts. Beim Sachrechnen setzt man sich mit Aufgaben auseinander, die einen Bezug zur Lebenswirklichkeit aufweisen.
Dabei gilt es, folgende Aspekte zu verbinden:
- Anwenden der arithmetischen Kenntnisse,
- Problemlösefähigkeiten aufbauen
- Umwelterschließung mit mathematischen Mitteln
Voraussetzungen und Ziele des Sachrechnen
Um Sachaufgaben in der Grundschule bearbeiten zu können, sollten folgende Voraussetzungen gegeben sein:
- Grundlegende mathematische Fähigkeiten: Schülerinnen und Schüler sollten grundlegende mathematische Fähigkeiten besitzen, wie z.B. das Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren und Dividieren von Zahlen sowie das Verständnis von mathematischen Grundbegriffen wie Größen, Maßeinheiten und geometrischen Formen.
- Textverständnis: Da Sachaufgaben in Textform gestellt werden, ist ein gutes Textverständnis notwendig. Die Schülerinnen und Schüler müssen in der Lage sein, den Text zu lesen und zu verstehen, um die Aufgabe lösen zu können.
- Problemlösungskompetenz: Sachaufgaben erfordern die Fähigkeit, ein Problem zu erkennen und eine Lösungsstrategie zu entwickeln. Schülerinnen und Schüler sollten in der Lage sein, die Aufgabe in kleinere Teilaufgaben zu zerlegen und eine sinnvolle Reihenfolge für das Vorgehen zu finden.
- Transferkompetenz: Schülerinnen und Schüler sollten in der Lage sein, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten auf neue Situationen zu übertragen. Sachaufgaben erfordern oft die Anwendung von mathematischen Kenntnissen auf reale Situationen, die nicht direkt im Unterricht behandelt wurden.
- Konzentration und Ausdauer: Das Bearbeiten von Sachaufgaben erfordert Konzentration und Ausdauer, da die Schülerinnen und Schüler sich oft über einen längeren Zeitraum auf eine Aufgabe konzentrieren müssen, um eine Lösung zu finden.
- Sprachliche Kompetenz: Da Sachaufgaben in schriftlicher Form gestellt werden, ist eine gute sprachliche Kompetenz notwendig, um die Aufgabe lesen und verstehen zu können. Schülerinnen und Schüler sollten in der Lage sein, schwierige Wörter zu erkennen und den Textinhalt richtig zu interpretieren.
Obwohl das Bearbeiten von Sachaufgaben ein ganz wesentlicher Bestandteil des Mathematikunterrichts ist, gehört es bei den Lernenden nicht zu den beliebtesten Aufgaben, was u.a. daran liegt, dass oft ein für Kinder wenig motivierendes Thema (Ratenkauf, Hausbau, Produktionszahlen u. ä.) gewählt wird und dadurch das Vernachlässigen der Sache und damit mangelnder Realitätsbezug einhergeht. Oder die Kinder werden auf einen Lösungsweg eingeengt, da der Inhalt von Sachaufgaben an den gerade behandelten Stoff gebunden ist.
Anforderungen an das lösungsorientierte Bearbeiten von Sachaufgaben
Untersuchungen haben ergeben, dass Sachaufgaben im Vergleich zur Arithmetik bis zu 30% schlechter gelöst werden. Logisch, denn das Lösen von Sachaufgaben setzt wesentlich mehr voraus als nur arithmetische Kenntnisse. Bei Sachaufgaben gilt es, zudem die Kompetenz, bildlich oder textlich dargestellte Problemsituationen in ein mathematisches Modell zu überführen. Dieses muss in vier Phasen bearbeitet und die Lösung in Beziehung zur Ausgangssituation gesetzt werden.
Phase 1: Analyse der Sachsituation
Die Problemstellung muss verstanden werden. Dafür muss eine allgemeine Sprachkompetenz vorhanden sein, um die beschriebene Situation kognitiv erfassen, relevante Informationen entnehmen und verwendete Fachausdrücke verstehen zu können. Der gesamte Lösungsprozess wird von der Fragestellung geleitet. Erst die Formulierung der Frage ermöglicht ein zielgerichtetes Bearbeiten, indem wichtige von unwichtigen Aspekten getrennt werden. Werden in dieser Phase Fehler gemacht, könnte das ein Hinweis sein, dass das Kind den Text entweder nicht verstanden oder sich womöglich damit nicht auseinandergesetzt hat. Oder es hat versucht eine Aufgabe zu konstruieren, indem es nach typischen Anzeichen (Signalwörter) im Text sucht, die auf eine bestimmte Rechenoperation hinweisen.
Phase 2: Entwicklung eines Lösungsplans
In dieser Phase ist der bedeutendste Schritt zu machen, denn der/die Lernende muss die Sachsituation in die Sprache der Mathematik übersetzen. Hier ist Kreativität und mathematisches Wissen und Können gefragt.
Der Erfolg hängt aber auch wesentlich davon ab, ob über geeignete und zuvor eingeübte Darstellungsmittel verfügt wird, damit Denkprozesse graphisch oder durch das Bilden und Aufschreiben einer Rechenaufgabe verdeutlicht werden können. Der Lösungsplan ist auch der Bezugspunkt für eine spätere Rückschau und Fehlersuche.
Fehler in dieser Phase können bedeuten, dass das Kind den Text bzw. das Bildmaterial falsch interpretiert hat, wichtige Informationen nicht berücksichtigt oder etwas falsch gelesen hat. Schwierigkeiten entstehen auch dann, wenn wichtige Informationen im Text in einer anderen Reihenfolge wie die zu erstellenden Rechenaufgaben angeordnet sind oder der/die Lernende noch nicht geeignete Methoden und Bearbeitungshilfen (Skizzen/Zeichnungen, Tabellen, Diagramme/Strichlisten, Pfeilbilder, Rechendreiecke) zur Veranschaulichung beherrscht. Womöglich wurde die Rechenoperationen nicht verstanden und somit die
Aufgabe im Text nicht erkannt.
Phase 3: Ausführung des Lösungsplans
Die in Phase 2 erarbeiteten mathematischen Operationen werden durchgeführt, indem passende Rechenaufgaben zur Lösung des Problems gefunden werden. Dabei muss vorausgesetzt werden, dass der/die Lernende die erlernten Grundrechenarten ikonisch, konkret-handelnd und symbolisch erfasst hat und zwischen diesen „Ebenen“ wechseln kann. Dabei sollte die Aufmerksamkeit nicht auf rechnerische Fähigkeiten gelenkt werden, sondern besonders darauf, inwiefern es eine Übereinstimmung des zuvor gemachten Denkprozesses und der Visualisierung des Lösungsweges gibt.
Phase 4: Überprüfung der Lösung auf Stimmigkeit
Hier muss das errechnete Ergebnis im Hinblick auf die Problemstellung überprüft werden. Dafür wird ein Antwortsatz formuliert, der sich auf die Fragestellung bezieht. Nicht selten kommt es vor, dass der Text erneut gelesen werden muss, um sich die Ausgangssituation wieder zu vergegenwärtigen. Dabei muss der/die Lernende gedanklich von der mathematischen Ebene noch einmal zur sachbezogenen Ebene wechseln.
Denn obwohl arithmetisch korrekt gerechnet wurde, kann das Ergebnis im Widerspruch zu der Sachsituation oder zur Fragestellung stehen und der Prozess muss ggf. erneut durchlaufen werden bis ein stimmiges Ergebnis vorliegt und ein passender Antwortsatz formuliert werden kann.
Fazit
Das kompetenzorientierte Lösen von Sachaufgaben und Rechengeschichten muss schrittweise aufgebaut werden und sollte von Anfang an ein Thema im Mathematikunterricht sein. Einen Zugang zu Sachaufgaben und Rechengeschichten erhalten die Lernenden, wenn jede Phase als eigenes Lernziel behandelt wird.
Außerdem sollten die Lernenden in der Grundschule motiviert werden, selbst Rechengeschichten zu Aufgaben zu erfinden. Dadurch werden sie sensibilisiert, selbst zu erkennen, wo in ihrer eigenen Lebenswirklichkeit bestimmte Rechenwege erforderlich sind und erkennen, dass das Bearbeiten von Sachaufgaben zweckdienlich ist, eigene echte Probleme mit Mitteln der Mathematik lösen zu können.